01/02/2025 0 Kommentare
Zeitzeugen-Ausstellung „verwundete Zeit“
Zeitzeugen-Ausstellung „verwundete Zeit“
# Erwachsene

Zeitzeugen-Ausstellung „verwundete Zeit“
Herzliche Einladung zur Vernissage am 4. April um 19 Uhr. Die Ausstellung ist bis Ende April zu sehen.
Mit dieser Ausstellung möchte ich ein Zeichen setzen, Aufklären, Erinnern.
Insgesamt 19 Arbeiten mit jeweiligem Begleittext thematisieren mein Erinnern an allgegenwärtige Angst, Ungerechtigkeit und die Folgen politischer Verfolgung, an 28 Jahre, die ich in der DDR-Diktatur verbracht habe.
Verletztes „Post-und Fernmeldegeheimnis“, zerstörte Lebensentwürfe, persönlichen Stasiakten regen an zum Nachdenken und Erinnern.
„Verwundete Zeit“ wirft einen Blick zurück auf die Zeit der Diktatur in der DDR.
Die Ausstellung zeigt, wie Machtmissbrauch, Überwachung durch die Stasi und die allgegenwärtige „Mauer der Angst“ das Leben vieler Menschen prägte.
Körperlich und geistig eingesperrt, erlebten wir tiefe Einschnitte, die bis heute nachwirken. Unserer Rechte beraubt und Bildung verwehrt lebten wir ein Leben ohne Perspektive auf Veränderung oder gar einer Wiedervereinigung Deutschlands.
Mit der Kraft des Erinnerns möchte ich ein Zeichen setzten!!
Vergangenes Unrecht darf nicht vergessen werden, damit Freiheit und Menschlichkeit künftig geschützt bleiben.

„Erinnern“ spiegelt meine Empfindungen während der DDR-Zeit wider.
Das Gesicht symbolisiert die „Bonzen“, die gierig in den Westen schielten, den sie uns verwehrten. Die bunte Drahtfigur steht für meine kreative Seele, eingeengt im schwarzen Holzrahmen – Sinnbild für Kontrolle, Begrenzung und den Wunsch nach Freiheit, geistig und körperlich.

„FARCE“
Die Wahlen in der DDR waren eine reine Farce.
Es gab keine Wahl zwischen mehreren Kandidaten, sondern nur Zustimmung, indem der Zettel kommentarlos gefaltet in die Wahlurne gesteckt wurde.
MUT bedeutete, in der Kabine durchzustreichen, also ungültig zu signalisieren oder gar nicht erst wählen zu gehen.
Beides wurde natürlich der Arbeitsstelle gemeldet und zog in der Regel ein „Gespräch“ in der „Kaderabteilung“ (Personalabteilung) nach sich. Wer fernblieb, setzte ein stilles Zeichen gegen das Regime. So wurde die gefälschte hohe Wahlbeteiligung zum Angriffspunkt mutiger Menschen.
Um genau dieses Zeichen zu setzen, gingen wir einmal nicht zur Wahl. Als wir zuhause Tee tranken, klingelte es und da standen sie, die „Wahlhelfer“ mit einer Pappschachtel in der Hand und forderten uns auf, zu „wählen“. „SOFORT!“ Als sie mir den Wahlzettel in die Hand gaben, holte ich mit zitternden Knien einen Stift und durchkreuzte alles. Das wurde natürlich hinter meinem Namen auf der Liste registriert.
FREIE WAHL – REINE FARCE

„mitgehört“
Ein DDR-Telefonhörer – Symbol der ständigen Überwachung. Ein Klicken am Gesprächsbeginn verriet: Die Stasi hört mit. Völlig unbegründet. Übergriffig. Irgendwann begann ich, wie viele andere auch, sie direkt zu begrüßen, immer mit Angst vor Konsequenzen. Doch dazu kam es nie. Sie hätten ja sonst das Mithören zugeben müssen.
Dieses Bild steht für die beklemmende Realität eines Lebens ohne Privatsphäre.

„ungeklärt“
In der Nacht vor der Adoption unserer beiden Kinder klopfte es gegen 2 Uhr mehrfach laut an unserer Wohnungstür, sodass wir aufwachten. Wir öffneten nicht, hatten große Angst und sahen aus dem Fenster, als sich nach ca 20 Minuten endlich die Schritte die Treppe herunter bewegten. Wir sahen zwei Herren in langen Mänteln in einen Shiguli steigen, unweit von unserem Haus entfernt geparkt. Wer waren sie? Was wollten sie? Was ist uns erspart geblieben, durch unser Nicht-Öffnen? Wollten sie uns zur IM-Spitzeltätigkeit erpressen?
Bis heute ungeklärt, da unsere Stasiakte in Leipzig dem Schredder zum Opfer gefallen ist. Nur eins steht fest, FREUNDE waren es nicht, FREUNDE hätten eine Nachricht hinterlassen auf dem Block, der immer an unserer Tür hing, da wir zum damaligen Zeitpunkt noch kein Telefon hatten.

„MUTANGST“
Da mein Vater zu DDR-Zeiten politisch verfolgt war, musste er immer befürchten, verhaftet zu werden und trug, nach dem Vorbild Martin Luther Kings, eine Zahnbürste mit sich. Deshalb nahm er auch uns Kinder oder meine Mutter oft mit, wenn er dienstliche Termine hatte.
Zum Schutz. Zur Sicherheit. Aus Angst.
Einmal fuhren wir alle mit, vor uns Kindern getarnt als Familienausflug, weil ein Auto mit Stasimitarbeitern vor unserem Haus stand.

Sie verfolgten uns dann tatsächlich!! Die Beklemmung fühle ich heute noch!!! Obwohl ich das als Kind nicht alles so explizit wusste, spürte ich die Angst meiner Eltern, zuhause oder unterwegs. Als Jugendliche boten wir sogar von uns aus an, ihn zu begleiten, unter einem Vorwand, wenn wir die angespannte Atmosphäre spürten. Obwohl mein Vater ANGST hatte vor einer Verhaftung, machte er weiter mit dem, was er für wichtig hielt und bewies damit großen MUT.
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